Station 6 – Wladiwostok
63 Stunden Zugfahrt waren eigentlich überhaupt kein Problem. Teilweise waren wir zu 4. im Abteil, aber die beiden Zimmerkollegen hat man gar nicht gespürt, sie waren komplett ruhig und mit sich selbst beschäftigt. Wir versuchten sie anzusprechen, aber es war kein bisschen Englisch vorhanden.
Die einzige Konversation die wir mit einem der beiden hatten, war das deuten auf Muffins ob er auch welche möchte 😊
Wir waren wiedermal, wie denn auch anders von uns zu erwarten, im Speisewagen, und zu unserer Überraschung war es der gleiche Wagen mit derselben Besatzung wie bei unserer ersten Zugfahrt! Wie Marcel Koller sagen würde, für uns war das a „gmahte Wiesn“, da uns auch der Koch noch kannte und sofort wusste das wir uns schon mal gesehen hatten. Etwas später kamen wir auch mit dem „President“, wie er sich selbst bezeichnete, vom Speisewagen ins Gespräch. Also der Verantwortliche vom Restaurantzug. Er schlürfte Genüsslich Bier aus einem Kaffeehäferl, eins nach dem anderem, und stellte uns auch 2 Gösser Bier auf den Tisch.
Sein Englisch war in Ordnung, und so stellten wir uns gegenseitig vor und erzählten von einander. Wie sich herausstellte hatte er just den Tag zuvor seinen 32. Geburtstag, und wie er uns deutlich machte feiert er Geburtstage in der Regel 3 Tage lang. Als er noch jünger war meinte er, der erste Tag, also der Geburtstag, wurde normalerweise mit Bier, der 2. Tag mit Wodka und der 3. Tag mit Bacardi ertränkt. Seine Frau, welche eine Bedienung und seine Angestellte im Wagen war, sprach kein Englisch. Er bezeichnete sie aber als „Gestapo“, als sie ihm deutlich machte, dass er doch nicht so viel saufen soll.
Es war eine sehr interessante Unterhaltung, und während er uns ein traditionelles, russisches Kartenspiel beibrachte erzählte er, dass die beiden 8 Wochen am Stück am Zug sind, danach 2 Wochen bei ihren 3 Kindern zu Hause, und danach beginnt das ganze wieder von vorne. Es sei normal für ihn, er hätte aber Interesse an etwas anderem, Neuem. Auch einen Umzug nach Tschechien würde er in Betracht ziehen.
Unser Hauptnahrungsmittel während diesen zweieinhalb Tagen waren Instant-Nudelsuppen. Wir beide hatten sie das erste Mal, und zu unserer Überraschung, die sind echt in Ordnung, um zumindest etwas in den Magen zu bekommen!
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Nach wirklich angenehmen 63 Stunden Zugfahrt machten wir uns, um ehrlich zu sein sehr erledigt der nun 8 Stunden Zeitunterschied wegen, auf zum Hotel welches wir zuvor über Booking (affiliate link, spare jetzt 15€ wenn du darüber buchst!) gebucht hatten. Um 7:00 Uhr Lokalzeit angekommen machten sie uns klar, das wir in 1.5 Stunden nochmals vorbeikommen sollen; es sollte dann ein Zimmer frei sein. Etwas angeschlagen und mit schlechter Laune verließen wir das Hotel und spazierten in der Gegend herum. Plötzlich tauchte am Ende einer Straße ein helles Licht auf. Augen zusammenkneifen, um zu versuchen zu erkennen was es denn sei traten wir näher. Wie eine Fata Morgana in der Wüste tauchte diese helle, strahlende Insel im nebeligen Stadtzentrum von Wladiwostok auf. Wie ihr euch sicher schon denken könnt, was es ist, eilten wir im raschen Schritt näher. Ja, richtig, es war eine 24h geöffnete Pizzeria!
So gingen wir rein, hatten unsere erste Pizza seit wir in Russland waren, und dazu 2 aufheiternde Biere. Eben noch hättest du dich am liebsten einfach vor das Hotel gelegt und gewartet dass die Zeit vergeht, so sitzt du plötzlich bei guter Stimmung mit deiner Ganztagsbegleitung, deinem Bruder, bei Tisch. Glaubt mir, das hat wirklich gut getan.
Etwas später machten wir noch einen Spaziergang zu einem Hafen und machten ein paar Fotos.
Anschließend gingen wir dann ins Hotel und ein Zimmer war für uns bereit. Nicht so groß oder schön wie für den teuren Preis erwartet, aber dennoch in Ordnung. Wir legten uns für ein paar Stunden hin, und im Halbschlaf wurde einem klar das man eigentlich nur noch wenige Stunden hat, ehe diese Reise zu Ende geht. Eine große Freude, endlich wieder das Mädchen, das zu Hause wartet, zu sehen, zu spüren, zu riechen und in den Armen zu halten. Auf der anderen Seite aber auch ein bitteres Gefühl, da klar wurde, ja, das war es. Ich begann darüber nachzudenken, was hätte ich anders machen sollen die letzten 24 Tage, wie hätte ich mehr von meinem Urlaub haben können? Wäre es besser gewesen mehr zu riskieren, oder gar weniger? Hätten wir weniger zeit in den Städten verbringen sollen und irgendwie versuchen weiter raus zu kommen? 1000 fragen die das Leben stellt, doch das Resultat der wirren Gedankengängen war Glas klar. NEIN. Es war alles perfekt, und nichts hätte ich, bzw. wir, auch nur annähend anders machen sollen!
Die „Jungfrau in Nöten“
Viele Erinnerungen später standen wir dann auch auf und machten uns auf den Weg. Ohne Ziel und zu wissen, wohin es wohl gehen würde, gingen wir auf eine Seite den Hügel runter, hin zum Meer. Leider war alles eingezäunt und wir wussten nicht ob links oder rechts, doch intuitiv machten wir uns auf den „rechten“ Weg. 2 Mädchen gingen vielleicht 30 Meter vor uns, und plötzlich lief ein etwas wirrer Bursche an uns vorbei und rammte eines der 2 Mädchen. Er lief etwas weiter, kehrte aber um und redete die jungen Damen an. Wir dachten, die 3 kennen sich, da sie in etwa im gleichen Alter waren, doch plötzlich liefen die beiden Mädchen auf uns zu, und sprachen uns nervös auf Russisch an. „Sorry, englisch“ antworteten wir, und etwas verängstigt versuchten sie uns dennoch auf Russisch über die Situation aufzuklären. Der Typ kam denen wieder näher und wir bekamen das Gefühl, etwas sei mit ihm nicht in Ordnung. Die beiden Mädchen kamen uns wirklich sehr nahe, und die eine deutete auf ihn und sagte „Killer!“, während die andere die Worte „Bad Guy!“ in ihrem Wortschatz fand. Wir fragten ob sie ihn kennen würden, doch dies erwies sich als negativ. Während die 2 uns, mittlerweile wirklich verängstigt, näher kamen, rückte auch der fremde typ immer näher zu denen. Wir verstanden die Situation, ähnlich dem Rittercodex „Jungfrau in Nöten“ und mit lauter Stimme und etwas aufgebauschter Brust und angespanntem Körper, mittlerweile mit Adrenalin gefüllt, verdeutlichten wir ihm das er sich ziemlich schleunigst am Weg machen solle. Er wollte es nicht ganz verstehen, so trat ich ihm rasch und dominant gegenüber, und als er erkannte das es eng wird rannte er wie verrückt los, hinauf die Straße, überquerte sie mehrmals, belästigte vorjoggende Frauen und verschwand dann letztendlich hinter einer Ecke. Vor allem auf solchem Reisen würde ich persönlich, sollte mich jemand belästigen, aus dem Weg gehen und ignorieren. Ich würde aber niemanden hängen lassen, so reagierten wir beide anders als sonst in ähnlichen Situationen auf unserer bisherigen Reise.
Dann marschierten wir weiter. Die beiden Mädchen zeigten uns dann noch, wo es zum Strand geht und gingen dann weiter. Wir spazierten den Strand entlang. Es waren einige Menschen an der Promenade anzutreffen. Jugendliche, welche als Mutprobe in den Pazifik sprangen. Ein kurzer Test wie kalt das Wasser war. Deutlich wärmer als im Baikalsee. Da wir auch gerade keine Badesachen dabei hatten meinten wir, dass das für uns sowieso schon zu mild ist. 😀Weiter an der Promenade bis ans Ende und der Müdigkeit wegen ins nächste Restaurant ein Bier trinken. Bier gab es leider keines zur Auswahl, sondern nur Amstel und Heineken. So bestellten wir uns als Bierersatz eben ein Amstel. 😉Überhaupt gibt es seit Ulan-Ude kaum noch Bier-Kultur. Keine Russischen Biersorten mehr, sondern nur noch Importbier. Danach ging es wieder die Promenade zurück Richtung Hotel. Gegenüber unserem Hotel hatten wir bereits das Restaurant „The Brothers Bar and Grill“ lokalisiert. Also holten wir uns Burger, Roastbeef, Bierersatz und Wodka. Quasi als Abschluss, da es nach diesem Abend nur mehr die Rückreise für uns gibt. So war es auch. Wissend, dass der nächste Tag um 06:00 startet und die Rückreise sehr, sehr lange werden wird gingen wir relativ früh ins Bett. Nach ein paar Stunden Schlaf standen wir dann um 06:00 auf, begonnen zu packen, unsere Körper zu kultivieren und machten uns ans Frühstück.
Nach ein paar Radeln Wurst und Palatschinken ging es dann ab zum Bahnhof. Leider bei Regen (war aber der einzige Regen, in den wir gekommen sind), aber die Jacken und Regenüberzüge für die Rucksäcke hielten dicht. Eine Stunde mit dem Aeroexpress zum Flughafen und dann 4 Stunden am Flieger warten. Die Zeit verging aber relativ schnell. Der 9 Stunden Flug von Wladiwostok nach Moskau war sehr angenehm. Zum Glück gab es eine große Auswahl an Filmen wie „Kill the Boss“ (affiliate link), „War Dogs“ (affiliate link) und „Austin Powers“ (affiliate link). Auch Essen gab es zwei Mal an Board. Angekommen in Moskau mussten wir weiter dreieinhalb Stunden totschlagen bevor es dann endlich weiter nach Wien ging. Am Flughafen Moskau tranken wir auch das teuerste Bier auf der Reise; 7,50€ für ein Krügerl Bud. Würden wir in Österreich niemals dafür bezahlen. Dort gab es leider kein anderes und es war das Günstigste. Nach 2:45 Stunden landeten wir dann endlich in Schwechat. Durch die Passkontrolle, hier bei weitem nicht so heikel wie in Russland, lief auch schon das Gepäck am Band herein. Geschnappt, aus der Folie ausgepackt, am Rücken geschnallt und raus aus dem Flughafen. Da war es: Das lange erwartete wiedersehen. Unter Tränen wurden wir von unseren Engeln begrüßt. Das Wiedersehen war sehr emotional, da wir ja zuvor noch nie so lange voneinander getrennt waren. Dann noch eine Stunde Heimreise ins Burgenland und ab ins Bett 😉 (was man halt nach 25 Tagen wiedersehen so macht 😀)
Fazit unserer Reise: Absolut Empfehlenswert. Sehr, sehr viele Höhen und deutlich weniger als erwartete Tiefen. Eigentlich gar keine. Das Wetter war immer nahezu perfekt. Wenn dann nur Wind, und außer am letzten Tag in keinen Regen geraten. Jede Buchung, jede Fahrt, alles verlief nach Plan, sofern vorhanden. Hätten wir nicht gedacht, sind aber sehr froh darüber. Sehr vieles erlebt, auch einige angespannte Situationen aber im Nachhinein betrachtet wollen wir keine Einzige davon missen.
Ein herzliches Dankeschön an all das positive Feedback! Ob direkt oder indirekt, es hat uns sehr gefreut und über die ganze Reise lang motiviert 🙂
Liebe Grüße,
#M & #P
PS: Der Artikel wurde abwechselnd von uns geschrieben. Wir hoffen das die „Ich“ Form dennoch durch namentliche Nennungen nicht verwirrt.
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