Station 3 – Novosibirsk
Wie auch bei der vorherigen Fahrt nach Jekaterinburg, hieß es auch diesmal raus aus dem Zug, ab ins Hotel. Wir kamen spät vormittags an, und der Bahnhof sowie die örtliche Umgebung waren sehr belebt.
Das Hotel war von der gleichen Kette wie das in Jekaterinburg, Marins Park, allerdings mit 4 Sternen. Zu unserer Überraschung: Novosibirsk liegt tief in Russland, sehr weit entfernt von Moskau und scheint auch nicht zwingend eine internationale Drehscheibe für Wirtschaft oder Diplomatie, dennoch war die englische Sprache eine brauchbare Verständigungsmethode.
Die Damen im Hotel waren sehr freundlich und bemüht, und so entschieden wir unserer Gemüter wegen für das mittel-Kategorie Zimmer zu ca. 25€ pro Person/Nacht. Im 13 Stock sollte es sein mit einem super Ausblick, und siehe da, ein schönes Zimmer mit einer ordentlichen Dusche. Es roch, wie eigentlich überall in Novosibirsk wo wir waren, nach dem Eigengeruch von dem Leitungswasser. Nicht störend, aber da.
Der „Sandsturm“
Direkt nach der Ankunft nahmen wir sehr starken Wind war, und als ich das Fenster im 13. Stock öffnete und es mir förmlich entgegen flog realisierten wir was da los war. Als von einem nicht Wetterexperten, mir, bezeichneter Orkan, riss der Sturm alles mit was nicht fest war. Ältere Leute sowie Kinder hielten sich an Laternen fest bis eine Windböe etwas abschwächte um weiterzugehen.
Der Himmel war wolkenlos, doch die andere Stadthälfte über dem Fluss versank in einer immensen, gelb-grauen Wolke aus Sand und Staub.
Die Aussicht aus dem Hotel währen der Stürme:
Die Aussicht am Abend, nachdem sich der Wind gelegt hatte:
Wir diskutierten und entschlossen diesen Tag ruhig anzugehen. Es würde keinen Sinn machen teures Kameraequipment solchen Sand-Winden auszusetzen. Selbst auf der Haut fühlte es sich wie ein peeling an, wie erst muss es dann für eine empfindliche glaslinse sein, oder die sensible Mechanik innerhalb der Kamera? Die Augen tränten und die Zähne knirschten beim zusammenbeissen.
Wir gingen also zuerst in das Restaurant nebenan und gönnten uns einen Burger und ein paar Bier und warteten ab. Kurz vor Sonnenuntergang nachdem ich das 2 obige Foto geschossen hatte, wagten wir uns auf die Straße. Wir waren von der Zugreise noch etwas ausgelaugt, so gingen wir relativ früh wieder zurück ins Hotel. Die 5 Stunden Zeitunterschied zu Österreich machten sich bemerkbar. Die Zeit vergeht, es wird 11, dann Mitternacht, dann 1 Uhr. Man ist erledigt, müde, aber einfach nicht bereit zu schlafen. Es ist einfach noch nicht die Zeit um die Augen zu schließen. Irgendwann schafften wir es aber doch, und so verschliefen wir auch gleich mal das Frühstück als wir um 11:00 morgens Lokalzeit aufwachten (6:00 Uhr in Österreich).
Der Tag sollte noch viele Eindrücke verschaffen, war es doch der 9. Mai, der Feiertag, der die Russen den endgültigen Sieg über Nazideutschland feiern lässt. Die Straßen waren gesperrt, teilweise mit Personenkontrolle, Bühnen mit Theater, Gesang, Ansprachen, und die Parks waren voll mit jungen Familien. Junge Mädchen und Burschen in Militäruniformen liefen herum, spielten, aßen Zuckerwatte und hatten Spaß. An dieser Stelle sei bemerkt das sich nahezu niemand von den bis 16-jährigen mit Telefon oder Tablet blicken liess. Mag es deswegen sein, Augen von Kinder solch glücklichen Ausdruck zu verleihen? Ohne Stress oder Sucht, ein Selfie nach dem anderen zu posten oder vielleicht Angst zu haben schlechte Neuigkeiten auf Facebook zu lesen?
Auf einer der gesperrten Straßen bemerkten wir einige Militärs mit Waffen aus dem 2. Weltkrieg. Als wir Näher kamen sahen wir, es waren Kinder in offizieller Militäruniform, bewacht von Erwachsenen Soldaten, welche wiederrum die Gewehre den anderen, meist Kindern, erklärten und auch anfassen liesen. Der allgemeine Eindruck, das in Russland vor allem Frauen und Kinder einfach ganz anderen, näheren Zugang zum Militär und Waffen hat, wollte sich noch mehrmals an diesem Tag bestätigen.
Austrian Bar and Grill
Just über den Zebrastreifen: AUSTRIAN BAR AND GRILL! Da muss man rein! 😊 Die Preise ebenso österreichisch wie der Großteil der Ausstattung. Eine nette, heitere Erfahrung so ein Restaurant, mitten in Sibirien. Gösser Bier bekommt man wirklich in jedem der „Supermarket’s“, Stiegl Bier konnten wir aber nur hier finden.
Für mich das Hauptaugenmerk dieser Bar: Die Wandmalereien. Jagdlich mit Fasan und Gewehr, im Nebenzimmer mit Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone.
Circa 20 km wurden es an diesem Tag und mit dem 9. Mai hatten wir echt Glück; die Stadt ist erst um die 120 Jahre alt und hat dementsprechend nur relativ wenig Sehenswürdigkeiten zu bieten.
Die schlechteste Luft allerzeiten
Am nächsten Morgen (Mittwoch), verlängerten wir unser Zimmer bis 18:00 Uhr, um am Abend frisch geduscht in den Zug zu steigen. Der Nachmittag war einer Wanderung auf die andere Seite der Stadt bestimmt, welcher bisher mein persönlicher Tiefpunkt, wenn auch nur ein kleiner, dieser bisherigen Reise war. Rund 18 km spazierten wir über die Brücke in den anderen Teil der Stadt, um dort das Kriegerdenkmal zu besichtigen. Der Weg dahin, wie auch zurück, war sehr beschwerlich. Nahezu ausschließlich mussten wir einer 8 Spurigen Straße entlanglaufen, mit nur wenigen Leitplanken als Schutz zwischen uns und den abertausenden LKWs, Bussen, Autos und sonstigen, undefinierbaren Fahrzeugen. Es ist wohl alles erlaubt, solange es ordentlich qualmt und fährt – dies war unser Eindruck in diesem Moment. Schlechteste Luft, Sand und Steine welcher von den vorbeirasenden Fahrzeugen aufgewirbelt wurde. Vorbei an wirklich armen Teilen der Stadt erreichten wir durch 2 kleine Parks das Kriegerdenkmal. Wie es der Zufall will, marschierten weibliche und männliche Soldaten im jugendlichen Alter vor, über den großen Platz hin zu den immens großen und massiven Betonsäulen. Dieser Anblick war beeindruckend, jedoch war die Rückseite dieses Denkmals mitreißend. Mitreißend, plötzlich still und leise, nur wenige Meter weg von dicht befahrenen Straßen. Tausende Namen sind in Messing an den Rückseiten dieser Betonpfeiler verewigt. Unzählige Blumen, Bilder und Briefe lagen da, geordnet in Reihe und Glied.
Abschließend zu erwähnen ist, es gibt dem Eindruck nach viel mehr Mittelschicht mit weniger Ausreißern in die Armut bzw. Reichtum. Die Masse fährt einen normalen PKW, meist nicht älter als wahrscheinlich 10 Jahre.
Wir passierten auch einige Holzhütten, kurz vor dem Verfall, nahe des Flusses, genauso fuhren einige verdächtige Mercedes G500 durch die Gegend. Dennoch, das Gesamtbild ist anders als in Jekaterinburg.
Zurzeit sitzen wir seit rund 16 Stunden im Zug, auf dem Weg nach Irkutst. Eventuelle Bier-Selfies mit unserem neuen Freund Rainer sind nicht auszuschließen. Zu finden wie immer auf Facebook und Instagram, unter dem Hashtag #dwvo 😊
Allerliebste Grüße an die Heimat, von Manuel und Patrick!
#P
1 thought on “Kinder in der Armee, Gänsehaut und strahlende Gesichter”
Super Seite. Vielen Dank.